Memiana ist eine Welt ohne Pflanzen, in der es nie dunkel wird. Im Gelblicht zieht die Sonne Sala über den Himmel und im Graulicht, wenn alle Farben verblassen, sind es die Monde Polos und Nira, die ihren fahlen Schein auf die Felslandschaften werfen.
Alles Leben auf Memiana spielt sich in der Nähe des Pfades ab, einer Schlucht, die sich auf Höhe des Äquators rund um den Planeten windet und von den Phylen in Jahrmillionen tief in den Stein getreten wurde.
Zwei riesige, völlig unterschiedliche Herden dieser Tiere, die die Grundlage allen Lebens auf Memiana sind, ziehen auf dem Pfad um die Welt und umrunden sie in 1000 Lichten. Die grünschimmernden Phyle trinken nur und fressen nicht, sondern ernähren sich von Licht. Dieses wird von den Mahlen, der einen Art, über die zottige, dunkle Haut aufgenommen. Die Fooge dagegen absorbieren die Helligkeit über flügelartige, durchscheinende Segel, die sie beim Aufgang Salas spannen.
Alte Lieder berichten von einer Zeit, als es Phyle gab, die nicht wanderten. Sie hatten ihre Füße tief in die Erde gegraben. Imos nennen die Geschichten diese lange verschwundenen Phyla, die es in vielen, vielen verschiedenen Formen, Größen und Farben gab.
Kein Mensch hat je so etwas in der allgegenwärtigen, vielgestaltigen Felslandschaft gesehen.

Neben den Phylen, die am Anfang der Nahrungskette stehen, gibt es die Reißer, die frische Beute schlagen, und die Aaser, die sich von dem ernähren, was von der Jagd zurückbleibt.
Die kleinen Panzertiere, die Schader, nehmen den letzten Rest.
Nichts kommt um auf Memiana und es bleibt nie irgendwo etwas übrig.
Niemals.
Im gelben Schein Salas sind nur wenige Raubtiere zu sehen. Erst wenn Polos und Nira am Himmel erscheinen, beginnt die Zeit der Reißer. Alles, was dann im Graulicht unterwegs ist, ist entweder Jäger oder Beute.
Schon vor dem Aufgang der Monde verbergen sich die Menschen hinter den dicken Mauern ihrer Ansiedlungen, der Städte und der sogenannten Wälle. Bei denen handelt es sich um Schutzbauten für Reisende, die im gleichmäßigen Abstand entlang des Pfades zu finden sind.
Wall folgt auf Wall entlang des Pfades, immer nur so weit von einander entfernt, dass man vom einem zum anderen während eines Gelblichts gelangen kann, auch wenn man langsam wandert
Beim Untergang Salas werden überall die Tore geschlossen, ohne jede Ausnahme. Wer in der Zeit keinen Schutz erreicht hat, ist in den meisten Fällen rettungslos verloren.

Es gibt kein offenes Wasser auf Memiana und deshalb auch kein Wetter in unserem Sinn. Zumindest ist am Pfad derlei unbekannt. Hier weiß man nichts von Regen, Schnee, Sturm, oder auch nur Wolken. Kein Wind weht. Es gibt nur das Gelblicht und das Graulicht.
Wasser findet man am Pfad nur unter der Erde in den sogenannten Caven. Überall wo eine dieser weit offenen Höhlen mit einer Wasserstelle im Fels gefunden wurde, wurde eine Ansiedlung errichtet, von denen manche zu Städten wuchsen.
In einem Wall dagegen gibt es kein Wasser. Reisende müssen es mit sich führen und bewegen sich auf ihren Wegen von Cave zu Cave, genau wie die Phyle, deren Pfad sich zwischen tiefliegenden Wasserstellen erstreckt.
Eine Reihe von Völkern lebt auf Memiana rund um den Pfad.
Die Phylo, die Hirten, folgen den Herden und handeln mit ihrem Fleisch, ihrem Horn, ihren Häuten und einem Produkt, dessen Herstellung ihr Geheimnis ist: Kaas. Nach den von ihnen gehüteten Phylen werden die beiden Stämme der Phylo die Foogo und die Mahlo genannt.
Die Vaka sind ein Stamm aus dem Volk der Händler, der Eco. Sie kaufen von den Phylo deren Produkte, und vertreiben sie in ihren Läden in den Ansiedlungen und Städten. Auch Fleisch und Getränke haben sie im Angebot. Die Vaka handeln nur mit Nahrung, anders als der zweite Stamm der Eco, die Kir.

Kir sind Hartwarenhändler und verkaufen alles, was sonst zum Leben notwendig ist, von Geschirr über Kleidung bis zu Baumaterial und Waffen.
Kir haben keine festen Läden, sondern ziehen mit vier Märkten rund um Memiana, im Abstand von 250 Lichten. Sie wandern auf diese Weise immer entlang des Pfades rund um die Welt und die Städte, die Marktplatz sind, genießen Wohlstand.
Die Kir sind die einzigen Menschen, die Kontakt zu den Fero haben, einem geheimnisvollen Volk, das 40 Lichtwege vom Pfad entfernt auf einem Berg mit fließendem Stein lebt, der es ihm ermöglicht, als einzige auf Memiana Metalle zu schmelzen und zu verarbeiten.
Die Erze finden sich aber nicht in Ferant, der Stadt der Fero, sondern ein gutes Stück entfernt, wo die Quaro, das Volk der Bergleute, diese abbaut und an Kir verkauft, die sie wiederum zu den Fero transportieren.
Außer den Kir hat niemand Kontakt zu diesen beiden Völkern und die Händler hüten das Geheimnis der Lage und Wege zu den Städten eifersüchtig.
Die Menschen vom Volk der Xeno handeln und hüten nicht, sind aber nicht weniger wichtig. Sie sind Wächter, Beschützer und Jäger.

Clans der Xeno gehen Kontrakte mit Ansiedlungen und Städten ein und sind für deren Sicherheit verantwortlich, sowohl innerhalb der Mauern als auch außerhalb.
Eine nicht kleine Zahl von Menschen gehört keinem Volk an. Es sind die Solo, Ausgestoßene aus anderen Völkern und deren Nachkommen.
Solo sind ständig auf Wanderschaft.
Viele von ihnen sind geschickte Steinhauer und werden beschäftigt, wenn es gilt, die kuppelförmigen Unterkünfte oder auch größere Bauten zu konstruieren. Am besten bezahlt werden die, die in der Lage sind, die glatten, fugenlosen Mauern zu errichten und instand zu halten, die Städte, Ansiedlungen und Wälle umgeben.
Dann gibt es eine große Zahl von Musikern, die mit den Märkten ziehen oder in den Schänken spielen und Erzähler, die Geschichten und Nachrichten zum Besten geben.
Schließlich sind da noch die Spieler, Diebe, Betrüger, Räuber und Mörder, die zu einem guten Teil für den schlechten Ruf der Solo verantwortlich sind.
Ihretwegen wird Solo nicht immer und überall Zutritt gewährt. Wer an einem Tor abgewiesen wird, muss im Solo-Wall außerhalb der Mauern bleiben, der extra für diese Menschen vor jeder Ansiedlung existiert.
Das kleinste und geheimnisvollste Volk auf Memiana ist jedoch das der Memo.

Die rothaarigen und rotäugigen Memo übermitteln Botschaften zwischen Menschen, geben Auskunft auf alle Fragen, beraten ihre Kontraktpartner, führen für diese komplizierte Berechnungen durch und sind das Gedächtnis von Memiana.
Ein Memo zeichnet sich dadurch aus, dass er nie etwas vergisst, was er einmal gehört oder gesehen hat. Die Memo können einen Teil ihres unermessliche erscheinenden Gedächtnisses anderen Menschen zur Verfügung stellen und es so abschließen, dass es nur durch festgelegte Schlüsselworte ihres Kontraktpartners erreichbar ist.
Auf diese Weise können Botschaften zuverlässig rund um Memiana geschickt werden und werden nur dem Empfänger mitgeteilt, sonst niemandem.
Dies geschieht pfadauf und pfadab mit einer Geschwindigkeit, die das Tempo eines Fußgängers um das zehnfache übersteigt, denn die Boten der Memo reiten auf Kronen, riesigen, zweibeinigen Laufaasern.
Die Stadt der Memo, deren Name Mindola außerhalb des Volkes niemand kennt, liegt ein Stück vom Pfad entfernt und aus ihrer Existenz machen die Memo genauso ein Geheimnis, wie aus dem Verfahren, mit dem es ihnen gelingt, ihr Gedächtnis abzuschotten und so ihre Aufgaben zu erfüllen.

Das Zusammenleben der verschiedenen Völker auf Memiana ist relativ friedlich. Offene Auseinandersetzungen hat es seit mehreren hundert Umläufen, der Zeit, die eine Herde braucht, um Memiana zu umrunden, nicht mehr gegeben. Wenn auch jeder versucht, für sich das Beste herauszuholen, ist der Kampf um das tägliche Überleben zu hart, um sich auf irgendwelche kriegerischen Auseinandersetzungen einzulassen.
Die Memo genießen auf Memiana von allen Völkern das größte Ansehen und die größte Achtung und niemand würde es wagen, einen Memo zu attackieren.
Zumindest denkt das jeder.
Doch dann sterben plötzlich Memo und die kleine Stadt Kalahara wird entvölkert und von Reißern erobert. Das so sorgsam gehaltene und behütete Gleichgewicht auf Memiana gerät ins Wanken.
Die ganze Welt, wie die Menschen sie seit Generationen kannten, droht in sich zusammen zu brechen.
Und mitten drin im Geschehen findet sich eine kleine Gemeinschaft junger Menschen aus den verschiedensten Völkern wieder, denen gerade erst die Ehre zuteil geworden ist, in das Volk der Memo aufgenommen zu werden und dessen Geheimnisse zu erfahren …

Matthias Herbert

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